sexualpädagogisches Konzept

Sexualpädagogisches Konzept

Teamentwicklung

Wir haben uns im Team sehr intensiv mit dem Thema kindliche Sexualität auseinandergesetzt. Ein Großteil der pädagogischen Fachkräfte hat eine Fortbildung des Paritätischen zu diesem Thema besucht und den Konzeptionstag im März 2020 haben wir zur Erarbeitung dieses Konzeptes genutzt.

Dabei war die Aneignung von Wissen zur psychosexuellen Entwicklung der Kinder und deren Ausdrucksformen sowie unser kindgerechtes sexualpädagogisches Handeln ein wichtiger Bestandteil.

Wir haben uns auf eine gemeinsame, respektvolle Sprache zum Thema geeinigt und gehen offen und ohne Scham mit den Verhaltensweisen der Kinder um.

Dieses Konzept bildet die Grundlage für unser sexualpädagogisches Handeln. Wir reflektieren regelmäßig unser eigenes Verhalten in Teambesprechungen, Supervision und auf Konzeptionstagen.

Dabei entstand auch unser Verhaltenskodex (siehe Anhang), der für alle Mitarbeiter verbindlich ist.

Beschreibung kindlicher Sexualität

Jedes Kind ist ein lustvolles Wesen und kindliche Sexualität ist von Geburt an vorhanden. Über Fühlen, Spüren, Tasten leben die Kinder die Neugier am eigenen Körper aus. Über diese sinnliche Selbstwahrnehmung finden die Kinder ihre eigene Identität und entwickeln ihre Persönlichkeit.

Mit Experimentierfreude und Forscherdrang beziehen sie auch die Körper anderer Kinder mit ein.

Die kindliche Sexualität ist nicht zweckgebunden im Sinne erwachsener Sexualität.

Über den positiven Umgang mit Sexualität und Körperfreundlichkeit stärken die Kinder ihr Selbstvertrauen, ihr Selbstwertgefühl, ihr Wohlbefinden und ihre Beziehungsfähigkeit.

Wir betrachten die Kinder mit einem ganzheitlichen Blick, der die psychosexuelle Entwicklung miteinschließt von Kuscheln über Rollenspiel bis hin zu sexuell provozierenden Fragen.

Eine Übersicht über sexuelle Ausdrucksformen von Kindern im Alter von 0-6 Jahren finden Sie im Anhang.

Unsere pädagogischen Ziele im Hinblick auf sexuelle Bildung und deren konkrete Umsetzung in der Kita Regenbogen

  • Sexualerziehung ist ein gleichwertiger Bildungsbereich.
  • Die Kinder haben die Möglichkeit, ihren Körper kennen zu lernen. Wir unterstützen sie beim Benennen der Körperteile und beim Entdecken der Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Sie haben die Möglichkeit, die eigenen körperlichen Bedürfnisse auch lustvoll wahrzunehmen und diese zu äußern. Dadurch können sie lernen, dass es gute und schlechte Gefühle gibt. Wir unterstützen die Kinder darin, achtsam mit ihrem eigenen Körper und dem Körper der anderen Kinder und Erwachsenen umzugehen und selbstbestimmt zu entscheiden, was mit ihrem Körper passiert.
  • Die Kinder werden ermutigt, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu äußern. Dabei sollen die Kinder klar ihre eigenen Grenzen aufzeigen und benennen. Die Kinder erfahren, dass sowohl die anderen Kinder als auch die Erwachsenen diese Grenzen ernst nehmen und respektieren. Wir unterstützen die Kinder in diesem Prozess mit angemessenem Vokabular, gemeinsam erarbeiteten Regeln und dem Aufzeigen von Handlungsstrategien. Eine Auflistung der zurzeit geltenden Regeln finden Sie im Anhang.
  • Kein Kind und kein Erwachsener wird bewusst bloßgestellt. Wir wahren die Privat- und Intimsphäre durch einen geschützten Rahmen, in dem wir die Kinder sensibel und einfühlsam in ihrer Entwicklung begleiten. Dabei unterstützen wir die Kinder darin, ein gesundes Schamgefühl zu entwickeln. Wenn sich z.B. ein Kind selbst berührt, greifen wir nur ein, wenn sich andere dadurch gestört fühlen oder irritiert sind oder das Kind seine eigene Intimsphäre nicht (mehr) spüren kann. Dann besprechen wir mit dem Kind angemessene Alternativen.
  • Wir setzen uns bewusst mit der Entwicklung der Geschlechterrollen auseinander. Dabei akzeptieren und tolerieren wir Besonderheiten von Jungen und Mädchen, vermeiden aber Rollenfixierungen.
  • Eine bewusste Raumgestaltung innen und außen bietet den Kindern mit Nischen und Höhlen Rückzugsmöglichkeiten für unbeobachtetes Spielen. Wir stellen Medien und Material zur Verfügung für z.B. Rollenspiele, Doktorspiele, Sinnes- und Körpererfahrung, Bücher, Alltagsgegenstände…
  • Wir schützen die Intimsphäre der Kinder besonders im Sanitärbereich. Beim Wickeln und beim Toilettengang achten wir das individuelle Schamgefühl der Kinder. Wir nutzen Wickeln, Umziehen usw. zum liebevoll-pädagogischen Beziehungsaufbau. Wir benennen Körperteile, Ausscheidungen usw. wertschätzend und achten auf möglichst gleichbleibende Abläufe und Bezugspersonen.

Kooperation mit Eltern

Wir reden mit den Eltern über die unterschiedlichen Werte und Erziehungsstile im Bereich der Sexualität. Das kann z.B. im Alltag beim Bringen und Abholen, in Entwicklungsgesprächen oder auf thematischen Elternabenden geschehen.

Dabei wollen wir durch gezielte Informationen zum Thema kindliche Sexualität den Eltern mehr Klarheit und dadurch Handlungssicherheit geben. Wir beachten dabei die individuellen Unterschiede der Familien (z.B. Herkunft, Religion, Normen, Werte…) und verstehen dies als gemeinsames Lernen zum Wohle der Kinder.

Bei konkreten Anlässen (z.B. sexualisiertes Verhalten von Kindern, sexuell übergriffige Situationen…) werden wir zeitnah ein Gespräch mit den Eltern führen und gegebenenfalls Kontakte zu Beratungsstellen vermitteln.

Bei Bedarf bieten wir Elternabende zum Thema ggf. mit Experten an und stellen jederzeit Materialien zum Thema zur Verfügung.

Prävention und Kinderschutz

Wir verstehen Prävention in erster Linie als Stärkung der Kinder. Wir unterstützen die Kinder respektvoll in ihrer persönlichen Entwicklung und achten dabei darauf, dass aufgezeigte Grenzen jederzeit respektiert werden. Das gilt für die Kinder genauso wie für Erwachsene.

Ein sexueller Übergriff unter Kindern liegt für uns dann vor, wenn ein Machtmissbrauch und/oder Zwang erkennbar ist, bei dem die persönliche Grenze eines Kindes überschritten wird. Sexuelle Übergriffe werden nicht geduldet.

Alle beteiligten Kinder stehen gleichermaßen in unserer pädagogischen Verantwortlichkeit und es wird entsprechend angemessen pädagogisch gehandelt.

Mit den Eltern aller beteiligter Kinder wird zeitnah ein Gespräch geführt. Dabei werden sie informiert und beraten und ggf. eine externe Beratungsstelle empfohlen.

Bei Bedarf verfügt die Kita über ein internes Schutzplankonzept, das alle pädagogischen Fachkräfte kennen und einsetzen können.

Unsere Kita bietet den Kindern eine sichere Umgebung mit Schutz vor unangemessenem Verhalten bis hin zu sexualisierter Gewalt. Damit das gelingen kann, erhält und bestätigt jeder neue Mitarbeiter unseren Verhaltenskodex im Umgang mit Kindern.

Zusammenstellung: Martin Gnielka, Institut für Sexualpädagogik – www.isp-dortmund.de basierend auf einer Veröffentlichung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Kindergartenbox)

Sexuelle Ausdrucksformen von Kindern im Alter von 0 – 6 Jahren

1. Lebensjahr

Orale Phase – Saugen an Brust oder Flasche; Berührung bewirkt Körpererfahrung;

Nähe, Vertrauen, Wohlgefühl besonders beim Nacktsein;

ausgeprägter Tast- und Fühlsinn der Haut; lustvolles Erleben durch Berührungen

der Geschlechts- und Sinnesorgane

2. Lebensjahr

Beginn der analen Phase – die Afterzone wird als Quelle der Lust entdeckt

(bewusstes Loslassen und Festhalten des Stuhlgangs); Genitalien werden

erforscht; Selbststimulation; Erlernen der Prinzipien männlich-weiblich; Interesse

an den Genitalien anderer, auch Erwachsener; Kind fragt zu Geschlechtsunterschieden

und kennt Geschlechtsorganbegriffe

3. Lebensjahr

Schau- und Zeigelust; gezielte Selbststimulation mit Orgasmusfähigkeit;

Warum? -Fragen; Neugierverhalten und Ausprobieren; Interesse an Sprache und

Büchern; Verfestigung der Geschlechterrolle; Vater-Mutter-Kind-Spiele;

Einsetzen der Schamentwicklung

4. Lebensjahr

Beginn phallisch-genitale Phase; Schau- und Zeigelust; sexuelle Neugier im

Forschen (Doktorspiele), im Ausprobieren (Geschlechtsverkehr nachspielen); im

Wissen (Warum-Fragen); Wunsch, den gegengeschlechtlichen Elternteil zu

heiraten (ödipale Krise); Kind stellt konkrete Fragen zu Schwangerschaft und

Geburt

5. Lebensjahr

Viel Ausprobieren; natürliches Neugierverhalten: z. B. Doktorspiele, Rollen

ausprobieren, den eigenen Körper und den der anderen erforschen; Entstehung

inniger Freundschaften, die mit Liebesgefühlen und dem Bedürfnis nach Wärme

und Geborgenheit verbunden sein können

6. Lebensjahr

Provokation, besonders verbal durch sexualisierte Sprache, Ausprobieren von

Rollen und Extremen (z. B. Kleidung, Verkleiden); weiterführende Fragen von

Kindern zu Empfängnis und Zeugung und über sexuelle Verhaltensweisen der

Erwachsenen

Unsere Regeln für Doktor-, Rollen- und Körperspiele

  • Kinder spielen Doktor-, Körper- und Rollenspiele am liebsten mit gleichaltrigen Kindern.
  • Kein Spiel wird gegen den Willen eines Kindes gespielt.
  • Kinder wechseln die Rollen: Mal spielt ein Kind die Rolle des Arztes, des Erwachsenen und mal ist es Patient.
  • Kinder berühren, streicheln und untersuchen einander nur so viel, wie es für sie selber und die anderen Kinder angenehm ist.
  • Wenn ein Kind eine Berührung nicht mehr will, sagt es NEIN und es gibt eine Pause im Spiel.
  • Kein Kind tut einem anderen Kind weh!
  • Und ganz wichtig: Niemand steckt einem anderen Kind etwas in Körperöffnungen (z.B. in den Mund, in die Scheide, in den Po, in die Nase, in das Ohr…)
  • Wenn ein Kind ein Spiel doof findet, darf es das einem Erwachsenen erzählen.
  • ….

Diese Regeln basieren auf den Empfehlungen des Kinderschutzbundes im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Verhaltenskodex für Mitarbeiter*innen der Kita Regenbogen

  • Wir nehmen die Intimsphäre und die individuellen körperlichen Grenzempfindungen der uns anvertrauten Kinder wahr und ernst. Die Kinder erfahren in unserer Einrichtung in allen intimen und beschämenden Situationen Schutz.
  • Wir unterstützen alle Kinder in ihrer Entwicklung und respektieren ihren Willen und ihre Entscheidungsfreiheit. Wir begegnen ihnen mit Wertschätzung und Respekt und bieten ihnen die Möglichkeit, ihr Selbstbewusstsein und ihre Fähigkeit zur Selbstbestimmung zu entfalten.
  • Wir ermutigen Kinder, sich an erwachsene Vertrauenspersonen zu wenden, wenn sie Situationen erleben, in denen sie sich nicht wohlfühlen.
  • Wir setzen uns dafür ein, dass sexualisierte Gewalt durch Informationen und Aufklärung in unserer Einrichtung thematisiert wird.
  • Wir sprechen im Team offen an, wenn wir Situationen erleben, die nicht im Einklang mit diesem Verhaltenskodex stehen.
  • Wir nehmen Hinweise und Beschwerden von Mitarbeiter*innen, Eltern, Praktikant*innen und anderen Personen ernst und gehen diesen nach.
  • Wir verzichten auf verbales und nonverbales abwertendes und ausgrenzendes Verhalten.
  • Wir kennen die Verfahrenswege von Formen (vermuteter) Kindswohlgefährdung und die entsprechenden Ansprechpersonen.
  • Wir verpflichten uns, Kinder vor körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch zu schützen.
  • Wir beziehen gegen gewalttätiges, diskriminierendes, rassistisches und sexistisches Verhalten aktiv Stellung.
  • Wir verzichten auf persönliche Geschenke im Zusammenhang mit Bevorzugung von Eltern, Kindern und Mitarbeiter*innen.

Diesem Verhaltenskodex bin ich verpflichtet und ich halte mich an die oben genannten Inhalte

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(Ort, Datum)                                                    (Unterschrift)